Das passende Brillenglas für den Durchblick in allen Lebenslagen zu finden, ist keine leichte Sache. Gleitsichtbrillen, Lesebrillen und Arbeitsplatzbrillen erfüllen jeweils eine andere Funktion. Mitunter braucht man sogar zwei von ihnen oder alle drei, weil eine Brille allein eben nicht alles kann. Ein kleines Beispiel dazu: Wenn Du bemerkst, dass dein Kollege am PC den Kopf immer leicht nach hinten neigt und durch den unteren Bereich seiner Brille versucht zu lesen, dann hat er unter Umständen die falsche Brille auf. Und weiß es vielleicht gar nicht. Auch hat er vermutlich keine Ahnung, dass seine Nackenverspannungen und latenten Kopfschmerzen eventuell wie von Zauberhand mit der richtigen Brille verschwinden würden. Werfen wir aber zunächst einen Blick darauf, wie das mit dem Scharfsehen generell funktioniert.
Augenlinsen machen einen so guten Job
Die Akkommodationsfähigkeit unserer Augen erlaubt es, am entfernten Himmel Flugzeuge zu sehen und vor unserer Nase ein Buch lesen zu können. Moment mal, was bedeutet dieses lange Wort „Akkommodationsfähigkeit“ überhaupt? Es beschreibt die Eigenschaft des Auges, sich an verschiedene Sehdistanzen perfekt anzupassen, indem sich seine elastische Linse verformt. Unsere Augenlinse ist an einem ringförmigen Muskel befestigt, dem sogenannten Ziliarmuskel. Dieser Muskel kann sich ausdehnen und zusammenziehen. Was dazu führt, dass die Linse mal im entspannten Zustand etwas flacher wird (wir sehen dann in der Ferne perfekt) oder eine dicklichere, ovale Form annimmt, wenn sich der Muskel anspannt (wir sehen dann in der nächsten Nähe scharf).
Dieses Scharfsehen in der Nähe strengt jedoch die Augen besonders an, weil es durch unseren Lifestyle zu einer Art Dauerzustand geworden ist. Vor allem das tägliche „Starren“ auf den PC oder das Smartphone bedeutet eine fortwährende Anspannung des Ziliarmuskels. Um dir ein Bild zu geben: Es ist, als ob du stundenlang Klimmzüge machen würdest, ohne entsprechende Erholungsphasen. Den kleinen „Muskelkater“ überanstrengter Augen kennt jeder, der einen Tag lang am PC gearbeitet hat oder seine Lieblings-Serie auf dem Smartphone schaut.
Wenn dein Arm zu kurz wird …
… dann scheint es, dass du der „Alterssichtigkeit“ wohl oder übel ins Auge sehen musst. Ein ganz natürlicher Lauf der Dinge kündigt sich an. Die Augenlinse wird schleichend unelastischer, sie „verfestigt“ sich und auch der Ziliarmuskel hat nicht mehr die Kraft eines jungen Pferdes. Es wird immer mühsamer für diesen Muskel, sich zusammenzuziehen, um das Sehen in geringen Distanzen in voller Schärfe zu ermöglichen. Es gibt Glückspilze, aber in der Regel werden die meisten von uns im Alter von 35-45 beim Optiker vorstellig, weil die Buchstaben vor ihren Augen verschwimmen. Sie brauchen zum Lesen eine Lesebrille.
Vom „Lesestein“ zur Lesebrille
Lesebrillen sind wahrhaftig keine Erfindung der letzten Jahrzehnte. Und Alterssichtigkeit eben auch nicht, das mag uns ein wenig beruhigen. Damit ältere Mönche in den Bibliotheken des 13. Jh. das Wissen der Bücher studieren konnten, nutzten sie sogenannte „Lesesteine“. Sie schoben halbkugelförmig geschliffene Bergkristalle oder transparente Berylle wissenshungrig über die Bücherseiten und schon erschien die Buchstabenwelt vergrößert und gab das kostbare Wissen frei. Nicht viel später gab es die ersten konvex geschliffenen Edelstein-Lesegläser, die schon deutlich flacher als die Halbkugeln waren. Und auch die nächste Blitzidee ließ nicht lange auf sich warten: Zwei solcher Linsen im Kleinformat in einem Holz- oder Metallgestell befestigt, verbunden durch einen Steg und die erste Brille war geboren. Wer die offensichtliche Abstammung bereits bemerkt hat: Das Wort „Brille“ leitet sich vom Halbedelstein „Beryll“ ab, der damals am häufigsten als Lesehilfe zum Einsatz kam.
Zum Lesen nur die Eine
Heutige Lesebrillen können exakt und individuell an die Sehschwäche angepasst werden und korrigieren eine Distanz von 30-40 cm vor unseren Augen. Es sind sogenannte Einstärkendistanzbrillen. Alles, was über diesen Distanzbereich hinausgeht, verliert wieder an Schärfe. Wenn man beim Schmökern also aufblickt und den Blick im Raum schweifen lässt, verschwimmt der Zwischen- und Fernbereich. Manchmal schmerzt es sogar in den Augen. Andererseits liegt der Vorteil von Lesebrillen klar auf der Hand. Dadurch, dass nur eine Sehschärfe im Glas eingeschliffen ist, „genießt“ man den Sehbereich über die ganze Glasgröße. Man kann also entspannt den Zeilen im Buch folgen, vom linken Glasrand bis zum rechten und muss nicht den Kopf beim Lesen mitbewegen, wie beim Lesen mit einer Gleitsichtbrille beispielsweise.
Bei der Gleitsichtbrille ist nur ein kleiner Bereich in der unteren Mitte des Glases für das Nahsehen reserviert, rechts und links im Randbereich vom Glas verschwimmen die Buchstaben also. Ganz heftig merkt man das beim Lesen mit der Gleitsichtbrille im Bett mit dem Buch auf den Knien. Oder noch heftiger, wenn man seitlich liegend lesen will. Geht so gut wie gar nicht.
Eine komfortable Weiterentwicklung der Lesebrille ist die Bildschirmbrille, PC- oder auch Computerbrille. Auch sie bleibt eine Einstärkendistanzbrille, hat aber den Vorteil, dass sie einen erweiterten Sehbereich von 50-80 cm abdeckt. Sie ist für Menschen gedacht, die intensiv am Rechner arbeiten und hauptsächlich Bildschirm und Tastatur im Sichtfeld haben. Je nach Entfernung zu ihrem PC wird die einzuschleifende Sehstärke angepasst. Ein wichtiger Tipp an dieser Stelle: Ein eingearbeiteter Blaufilter schützt die Augen optimal vor dem kurzwelligen blauen Licht in der Strahlung digitaler Geräte. Eine Frequenz des Licht, die dem Auge auf Dauer arg zusetzt und zu Müdigkeit, Konzentrationsschwäche und Augenschmerzen führt.
Arbeitsplatzbrillen – verschiedene Distanzen im Fokus
Die Arbeitsplatzbrille ist die „kleine Schwester“ der Gleitsichtbrille, denn sie ist ebenso ein Mehrstärkenglas und ermöglicht das Sehen in mehreren Distanzbereichen. Anders als die Gleitsichtbrille, die einen großen Fernbereich zulässt, konzentriert sie sich jedoch auf den Nah- und Zwischenbereich. Mit ihr kann man also nicht den Horizont oder die Gipfel einer Berglandschaft genießen, sondern sich perfekt in Innenräumen orientieren. Diese sogenannte Raumgleitbrille deckt einen Umkreis von bis zu 4 Metern ab. Kurz vom Rechner aufstehen, zum Drucker gehen, einen Blick auf den Terminkalender an der Wand werfen und checken, ob die Kaffeemaschine schon durchgelaufen ist – all das bietet dieser komfortable Brillentyp.
Je nach Berufsfeld müssen Raumgleitsichtgläser nicht nur das Scharfsehen in unterschiedlichen Entfernungen gewährleisten. Der betonte Sehbereich muss außerdem groß genug sein. Bei Architekten, Ingenieuren, technischen Zeichnern und Grafikern z.B. liegt der Fokus auf dem Erkennen von feinsten Linien und Pixeln – diese Strukturen dürfen sich in den Randbereichen der Gläser nicht verzerren, sondern müssen scharf erkennbar bleiben. Eine Krankenschwester an der Praxis-Rezeption hat diese Betonung hingegen nicht: Sie muss ihren PC, Krankenakten, den Patienten vor sich und die Kollegen drum herum im gleichen Maße im Blick behalten.
Und die Arbeitsplatzbrille eines Juweliers oder Uhrmachers, die beide sehr filigran und sehr nah am Objekt arbeiten, wäre nicht so passend für eine Friseuse, die einen etwas größeren Abstand zum Kunden braucht und sich auch bei den Haar-Kolorationen im Regal an der Wand orientieren muss. Oder eine Buchhändlerin, die die Titel auf dem Büchertisch klar überblicken muss, aber auch an der Kasse steht, Preise eingibt und Druckwerke eintütet. Exakt eingeschliffene Arbeitsplatzbrillen sorgen außerdem für eine natürliche Kopf- und Körperhaltung und nehmen den Augen Arbeit ab. Das Sehen wird deutlich entspannter. Und die Muskeln im Nacken auch.
Mehr als nur am Arbeitsplatz
Die Arbeitsplatzbrille hat ziemlich schnell den Sprung aus dem Arbeitsbereich ins Private geschafft. Da sie den Nah- und Zwischenbereich abdeckt, bleibt sie gern auch in den eigenen vier Wänden auf der Nase. Beim Kochen, Aufräumen und Staub wegwischen, beim Hausaufgabenmachen mit den Kindern, beim Kreativsein, Musikmachen oder Zimmerpflanzengießen. Und nachdem man im Restaurant mit ihr die Speisenkarte studiert hat, behält man sie beim Gespräch mit dem Gegenüber und für den visuellen Genuss des gleich servierten Essens auch einfach auf. Praktisch und angenehm vielseitig, diese eigentliche Arbeitsplatzbrille.
Ein kurzer Augen-Check
Wenn du dir nicht sicher bist, welcher Brillentyp für dich am passendsten ist, komm einfach vorbei! Wir Schönhelden nehmen uns Zeit, damit du den Sehkomfort findest, der dir das Leben leichter macht. Zur Vorbereitung kannst du diese CHECKLISTE durchgehen. Ein zu oft angekreuztes „Ja“ bedeutet, dass dir deine Augen dankbar wären, wenn du ihnen eine neue Brille in Aussicht stellst.